Heimliches Abschiedsspiel für Handball-Ikone

Hohenlimburg. Sondertraining vor dem bedeutungslosen Punktspiel? Und dann auch noch das hartnäckige Bestehen des Physios Alex Holstein darauf, in der Kabine getaped zu werden? Das alles kam Natalie Funke-Kamann schon ein wenig komisch vor. Aber was dann folgte, war trotzdem eine Riesenüberraschung für die 42-jährige Handball-Ikone der HSG Hohenlimburg. Als sie aufs Parkett ging, ertönte laute Einmarschmusik, strömten aus der Gästekabine über ein Dutzend ehemaliger Weggefährtinnen ihre langen Handballerinnen-Laufbahn, die allesamt mit dem T-Shirt Natalie & Friends und der Nummer 99 aufliefen. Darunter befand sich auch ihre Tochter Ann-Cathrin, die in Leipzig lebt, dort natürlich auch Handball spielt. Und es gab sogar etliche eingeweihte Zuschauer, die trotz verschlossenem Haupteingang der Rundturnhalle die Tribüne bevölkerten.

Lohn für Organisatoren

Das breite Grinsen, mit dem Funke-Kamann jede einzelne Spielerin umarmte, verbunden mit ein paar Freudentränen, war für die Organisatoren dieses ungewöhnlichen Abschiedsspiel der schönste Lohn. „Ich bin sehr froh, dass es geklappt hat. So was in aller Heimlichkeit zu organisieren, ist nicht einfach“, strahlte der als sportlicher Leiter der Damen ausscheidende Stephan von den Bergen. Den härtesten Job hatte dabei der Chefcoach. Rolf Funke musste schließlich alles tun, damit seine Frau ahnungslos blieb, konnte nur in ihrer Abwesenheit Telefonate führen.

Nach einer längeren Laudatio und Warmmachphase wurde dann tatsächlich Handball gespielt, wobei der Spaß absolut im Vordergrund stand und Schiedsrichter Otto Bless einen ganz entspannten Abend hatte, auch wenn er sich – wie alle Spielerinnen und Betreuer – bei den Ruf „Granate“ langgestreckt auf den Boden werfen musste. Wie es sich gehört, erzielte Natalie das erste Tor für die HSG, entwickelte im weiteren Verlauf der ersten Halbzeit aber viel Wurfpech (dreimal Holz).

Die bis auf die erkrankte Norma Bauer kompletten Hohenlimburgerinnen mussten rasch erkennen, dass die „Natalie-Auswahl“ aus Beyeröhde und Gräfrath über hohes spielerisches Niveau verfügte und auch den schnellen Gegenstoß beherrschten. So hieß es beim Seitenwechsel nach 25 Minuten 11:18. „Das Spiel muss unentschieden enden“, forderte Rolf Funke in Richtung Zeitnehmertisch, die HSG-Tore in Durchgang zwei doppelt zu zählen.

Immerhin sprangen insgesamt 28 reguläre Tore heraus, die sich auf Hillebrecht (6), Raabe (4), L. Witte (4), Geitebrügge (3), A. Schneider (2), Funke-Kamann (2), L. Funke (2), A. Funke (2), Scheibe-Jochheim (1), A. Witte (1) und Bornemann (1) verteilten. Der Rückstand reduzierte sich auch deshalb, weil phasenweise der gesamte Kader verteidigte und man zeitgleich zwei Torhüter einsetzte. Natalie spielte im zweiten Abschnitt für das „Friends-Team“, erzielte, obwohl zwischenzeitlich der eine oder andere „Kurze“ getrunken wurde, zwei weitere Feldtore und durfte zur Krönung dieser einmaligen Trainingsstunde den letzten Siebenmeter zum 99:99-Endstand verwandeln. „Ich bin überwältigt. Das ist ein wunderbarer Abschluss meiner Karriere, die mir so viel gegeben hat. Dass ich am Ende noch mithelfen konnte, dass die HSG in die Verbandsliga aufsteigt, hat mir viel bedeutet“, sagte Funke-Kamann und versprach, künftig oft auf der Tribüne die Daumen zu drücken.

Highlights der Laufbahn

Hier die Highlights ihre Karriere: Mit elf Jahren Handball-Einstieg beim Hasper SV.

Mit 17 Jahren erfolgte der Wechsel zu Borussia Dortmund unter Trainer Gustl Wilke mit Aufstieg zur 1. Liga und Europacup-Einsätzen.

Nach der Geburt von Tochter Ann-Kathrin Neueinstieg beim Hasper SV (2. Liga), über TuS 03 Hagen ging sie dann zum Wuppertaler Verein TV Beyeröhde, wo sie maßgeblich am märchenhaften Aufstieg von der Oberliga bis in die Erstliga-Aufstiegsrunde beteiligt war. Unvergessen sind dort ihre zehn Tore, die sie trotz doppeltem Bänderriss in einem entscheidenden Match um den Zweitliga-Verbleib erzielte. Ab 2006 spielte sie für den HSV Solingen-Gräfrath, wurde dort 2009 Westdeutscher Meister. Im Herbst 2012, als sie eigentlich ihre Laufbahn beendet hatte, stieg sie bei der um den Landesliga-Verbleib kämpfenden HSG Hohenlimburg ein und kam nach langer Verletzungspause in der Meistersaison noch zu etlichen Einsätzen.